Dienstag, 27. April 2010

Vor 2 Tagen: Al Pacino zum 70. Geburtstag - Voll im Spiel - Der Pate - Don Michael Corleone - Havanna

Absolute Verletzlichkeit, dazu eine Art Todesmut, gepaart mit Eiern so groß wie Medizinbälle: Al-fucking-Pacino ist noch besser als die meisten Menschen ohnehin schon glauben.

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Al Pacino treibt sich selbst bis an den Rand der Erschöpfung, um Nuancen in seinem Spiel zu erreichen, die außer ihm selbst und ein paar Meisterregisseuren gar niemand mehr sieht. Foto: AP

Es ist der größte Moment einer epochalen Darstellungsleistung in der berühmtesten Trilogie der Filmgeschichte. "Niemand sieht diesen Moment", sagt Al Pacino, der es wissen muss. Er hat ihn schließlich geschaffen. "Aber wenn es einen Augenblick in den drei Paten-Filmen gibt, auf den ich wirklich stolz bin", sagt er - "dann den."

Der Boden unter den Füßen


Es passiert im zweiten Teil, ungefähr in der Mitte. Don Michael Corleone ist in Havanna. Er feiert mit seinem Bruder Fredo und ein paar schmierigen Amerikanern. Es ist spät, es ist unfassbar schwül, sie sind in einem Live-Sex-Club gelandet. Auf der Bühne enthüllt der Hauptdarsteller gerade sein Ding, das ihm in Havanna den Spitznamen "Superman" eingetragen hat. Eigentlich kein Setting für eine antike Tragödie.

Aber dann sagt Fredo, alias John Cazale, aus Versehen diesen Satz, der klarmacht, dass er der lang gesuchte Verräter der Corleones ist. Die Kamera geht auf Pacinos Gesicht. Darin passiert nicht viel. Nur dass hier einem Mann, der ohnehin schon das Gefühl hat, die ganze Last der Familie und eigentlich der Welt zu tragen, gerade der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Man sieht durch seine geweiteten Augen hindurch in sein Herz. Dieses Herz befindet sich, mehrere Sekunden lang, im freien Fall. In der nächsten Szene wird das große Morden beginnen. Und es wird nicht Michael Corleone sein, der stirbt.

Und am Morgen nach dem Dreh dieser Szene muss der Regisseur Francis Ford Coppola Pacino ins Krankenhaus einliefern. Wegen akuter Überanstrengung.

Wahrheit und Durchlässigkeit


Wenn man erklären will, was Alfredo James Pacino, Jahrgang 1940, aufgewachsen im südlichen Teil der Bronx, wirklich ausmacht, kann man es eigentlich nur so erklären. Er treibt sich selbst bis an den Rand der Erschöpfung, wieder und immer wieder, um Nuancen der Wahrheit und Durchlässigkeit in seinem Spiel zu erreichen, die außer ihm selbst und ein paar Meisterregisseuren, die mit ihm gearbeitet haben, vielleicht gar niemand mehr sieht.

Aber darum geht es auch nicht. Es geht eher um das Gefühl, dabei in eine alternative Realität einzutreten, vollständig eins zu werden mit der eigenen Leidenschaft. Wie beim Hochseilartisten im Zirkus, der ohne Netz in die Kuppel steigt, weil das Leben anders eben nicht zu spüren ist. Dieses Beispiel verwendet Pacino öfter, wenn er über seine Arbeit spricht.

Zuschauer, Normalsterbliche, Nicht-Schauspieler können vielleicht nicht exakt verstehen, was das bedeutet. Aber sie spüren es natürlich doch. Was dann auch der Grund ist, warum man heute nicht mehr einfach Al Pacino bewundert, oder trifft, oder mit Al Pacino arbeitet. Hip-Hopper und Migranten, die ihn allein wegen Scarface bis in alle Ewigkeit verehren werden, Fans, jüngere Regisseure und Kollegen, die mit ihm gedreht haben - sie alle spüren das kollektive Bedürfnis, zwischen seinen Vor- und Nachnamen noch eine Art Puffer einzuführen, um die Wucht dieser Kombination erst so richtig auszukosten: Al-fucking-Pacino.

Hiermit gratuliere ich nachträglich Al Pacino zum 70. Geburtstag!
Al Pacino hatte am 25.4., letzten Sonntag, Geburtstag.

Alles Gute, ein langes Leben und hoffentlich noch weitere geniale Film! :))

Fotograf Marcus Volk

Posted via web from marcuspho.to - Marcus Volk PHOTOGRAPHY

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